Kritischer Text

Barbara Cappello

FIDA – Vorstand / Trient / Bozen

Der Mensch war immer bemüht, ein Fragment der Zeit festzuhalten, es unvergänglich zu machen, in dem Versuch, den Stillstand der natürlichen Dinge zu verewigen; und er wird immer in der Gewalt dieses krampfhaften Handelns sein. Und insbesondere der Künstler ist hier ein Meister, weil er sich dieser Rolle des Boten des unwiederholbaren Augenblicks unbewusst bewusst wird.In der Welt von Danilo Pepato Franci, in der der Fortschritt der 1950er Jahre unaufhaltsam voranschreitet, fühlt er sich als Prodrom jener Zeit, in der die Natur noch mit unverseuchtem Leib atmet und der Raum, den sie großzügig zur Verfügung stellt, ein Ort der Symbiose mit dem Menschen ist, vielmehr als mit der Tierwelt. Die Resilienz der Nachkriegszeit im zwangigsten Jahrhundert, die das Ende von Not, Leid und Armut verkündet, entsprießt der Mechanisierung der Städte, der Zementierung von Wohn- und Gewerberaum, dem kurzlebigen Konsumgut, dem wirtschaftlichen Wohlergehen, dem Bedürfnis nach Vergänglichem und der immer am Objekt gekoppelten Realitäts-verbundenheit, anstatt der Suche nach einer biologischen und physiologischen Beziehung zum natürlichen Element. Wenn Fortunato Depero der direkteste und offensichtlichste Zeuge des Futurismus ist, den wir jetzt vielleicht schon mit einer Art „post-avantgardistischem Anthropozentris-mus“ übertroffen haben, so ist Danilo Pepato Franci der unschuldige Ausdruck, der uns die majestätische Zer-brechlichkeit des natürlichen unkontaminierten Elements zeigt, das nicht von Menschenhand verunreinigt ist.In einem noch weiter zurückliegenden Zeitraum schrieb Wilhelm Heinrich Riehl 1853 in „Land und Leute“: …“Rot-tet den Wald aus, ebnet die Berge ein und sperrt die See ab, wenn ihr die Gesellschaft in gleichgeschliffener, gleichgefärbter Stubenkultur ausebnen wollt, anstatt die Ausbil-dung ihrer geistigen Dimension zu fördern“.Dieser Verweis passt perfekt zu den Überlegungen, die in den Werken von Danilo Pepato Franci zum Ausdruck kommen. Sie erzählen. Sie beschreiben. Und gerade eine Natur, deren spirituelle Dimension präsent ist und aus seinen Pinselstrichen hervortritt. Von den Grüntönen sei-ner üppigen, einsamen Wälder. Von den Lichtblitzen, die die Oberfläche der bewaldeten Seen Südtirols streicheln. Von den schneebedeckten Dolomitenfelsen, die vom Rosa einer verheißungsvollen Morgendämmerung geküsst werden. Von den ligurischen Marinen, die nach mediterraner
Schließlich, was Tag um Tag die Natur allmählich den Dingen zulegt, wie sie allmählich das Wachstum also befördert. Das kann nimmer ein Auge erspähn mit gespanntestem Blicke. Ebenso wenig vermagst du zu sehn, was das dörrende Alter wegnimmt, oder am Meer, was die überhängenden Felsen, welche das Salz zernaget, in jedem Augenblick verlieren.
Titus Lucretius Carus
Meditation duften. Dieser Naturkörper in Pepatos Aquarellen eher als in seinen fetten Temperas, ist der Körper, der heute mehrfach geschändet, geplättet, seiner Freiheit beraubt wird, und zwar bereits ab dem Industriezeitalter des 19. Jahrhunderts bis zum heutigen Tag. Dennoch sind seine Werke ein offenes Fenster, das den Blick auf jenen fraktalen Moment öffnet, in dem jener Körper sich nackt von der menschlichen Verkleidung des Fortschritts präsentiert und sich als göttliches Wesen ausgibt, dem wir uns zuwenden können, unseren eigenen Gedanken, dem instinktiven Geist, der immer noch in uns atmet und diese Nahrung braucht. Danilo Pepato Franci interpretiert aber auch seine eigene Zeit, einen zeitlichen Raum der Affirmation, der sich der Moderne zuwendet, indem er versucht, urbane Ansichten seiner Wahlheimat Bozen zu verewigen. Sicherlich sind es Züge, die an jene Zeit anknüpfen, manchmal nicht allzu gut definiert, manchmal durch die Architektur des Ventennio kontaminiert. Aber sie haben den gemeinsamen Nenner einer Stillleben-Poesie: statisch, vom Leben abgeschnitten. Poesie, die wir in seinen Blumenbildern finden, wie in den Äpfeln, die auf einem Tischtuch verstreut sind. Der postimpressionistische Ausdruck von Danilo Pepato Franci ist also eine bildliche Dialektik, die er selbst in seiner Zeit lebt. Vielleicht sind die kontrastierenden Themen, die er malt, Ausdrücke seiner Zeitgeschichte. Eine Chronik mit gesteigertem Wert, da das Risiko besteht, dass die Besinnlichkeit der Natur, so wie er sie in seinen Gemälden beschreibt, verloren geht; vergleichbar mit den Worten von Lukrez: „… ebenso wenig vermagst du zu sehn, was das dörrende Alter wegnimmt, oder am Meer, was die überhängenden Felsen, welche das Salz zernaget, in jedem Augenblick verlieren.“Die wunderbare Unschuld der Werke von Danilo Pepato Franci ist also nichts anderes als die Schärfe des Blicks, der das erfasst, was die Natur und die Tage den Körpern im geistigen Wachstum schenken, als reflexiven Respekt vor den lukretischen Worten. Natur zum Nachdenken…

„Trient, Dezember 2021“

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